Selma Meerbaum-Eisinger: Zitate

Im Zimmer schwebt die Stille und die Wärme,
ganz wie ein Vogel in durchglühter Luft,
[…]
Die Nelke mit den zarten roten Spitzen
harret des Sonnenstrahls, der durch die Ritzen
ihr heut ein Kleid aus Goldstaub angetan

Stille (1939)

Du gehst. Und der Asphalt ist plötzlich nass
und plötzlich ist das Grün der Bäume neu
und ein Geruch wie von ganz frischem Heu
schlägt dir in dein Gesicht, das heiß und blass
auf diesen Regen wohl gewartet hat.

Regen (1940)

Alles ist eingehüllt in weiche Luft,
die still ist, so als ob sie einem Märchen lausche
Und alle Vögel horchen wie im Rausche -
man hört nur Duft.

Abend (1941)

Es schauern die Lüfte
und kühlen mein heißes,
in Sehnsucht gehülltes Gesicht.
Die ziehenden Wolken verstreuen ihr weißes,
der Sonne gestohlenes Licht.
[…] Die alte Akazie
verrieselt ihr Schweigen
in zitterndem Blättergewirr.
Die Düfte der Erde erheben sich, steigen
und fallen dann wieder zu mir.

Vormittag (1941)

Kühl dann und still wie ein nordischer See,
glitzernd und weich wie frisch fallender Schnee,
sieht es uns an wie viel uraltes Gold,
das altrot und schwer durch die Finger rollt
und schön ist wie sonst nur unsagbarer Traum,
der dich ansieht, tiefleuchtend aus dunkelndem Raum -

Stefan Zweig (1941)

Die Wege liegen lang im Wind,
und alle Birken neigen sich.
Und wenn die Gärten verlassen sind,
dann sind sie es nur für mich.

Sonne im August (1941)