Eduard von Keyserling: Zitate

Ein stetes Gemurmel sandte der Fluß empor. Im Strudel, den das Wasser hier bildete, schwammen bewegliche Lichtfetzen. Ein flaches, gelbes Land dehnte sich auf dem entgegengesetzten Ufer aus. Große Sandgruben lagen voll roten Lichtes, und hinter der Wellenlinie der niedrigen Sandhügel ging die Sonne groß und rot unter. […] Ein grelles Purpurlicht badete das Land. Es schien zu beben und zu flackern. Dann ward es blasser und erlosch. Die Sonne war hinter den Hügeln verschwunden. Ein milderes Scheinen klomm den Himmel hinan, ein blasses, gewässertes Gold, wie an alten Meßgewändern. Eine Schar winziger Wölkchen flatterte in einem fast weißen Himmel, viele rosige Schleier, kleine Flügel, eine Schar ausgelassener Cherubim. Weiter oben schien der Himmel unermeßlich hoch und veilchenblau.

Fräulein Rosa Herz: Eine Kleinstadtliebe (1887) — Liebesversuche: Drittes Kapitel

Jenseits der Erlenbüsche ward der Fluß breiter, zu beiden Seiten dehnte sich flaches Land aus, abgemähte Wiesen, hie und da ein Kornfeld, wie ein Stück gelber Seide, in der Ferne ein Dorf, in dem rote Lichtpünktchen erwachten. Immer mehr weitete der Fluß sich aus. Die Blätter der Wasserrosen bildeten blanke Inseln auf dem Wasser, oder eine Gesellschaft von Schachtelhalmen stand beieinander – viele dünne grüne Linien. Das Gewirre der Pflanzen nahm zu. Wasseriris, Kalmusstauden, Kolbenrohr gesellten sich zu den Schachtelhalmen und Wasserrosen, der ganze Fluß war nur noch ein weites Feld für diese wunderlichen Halme, allerort spitze, zitternde Blätter und Stengel, weit – weit – bis dort an die Wiese, die voller Vergißmeinnicht und Ried stand.

Fräulein Rosa Herz: Eine Kleinstadtliebe (1887) — Liebesversuche: Vierzehntes Kapitel

Unter dem Rinnen und Tropfen, unter dem Regen, der fein und hastig niederfiel, während die Sonne wie durch ein Glasgitter hindurchschien, begann die Erde langsam zu grünen. Durch die geöffneten Fenster brachte der Wind die angenehmen Düfte feuchter Erdschollen und junger Weidenkätzchen ins Zimmer.

Fräulein Rosa Herz: Eine Kleinstadtliebe (1887) — Tiglau: Viertes Kapitel

Der Tag war schwül. Die Sonne brannte auf die wenigen Beete des Gartens nieder, und die Luft war voll warmer Narzissen- und Holunderdüfte.

Fräulein Rosa Herz: Eine Kleinstadtliebe (1887) — Tiglau: Viertes Kapitel

Er lag auf der kleinen Wiese am Bach. Um ihn glühte alles in der Mittagssonne. Die zerfahrenen Föhrenwipfel am Waldsaume glänzten wie Metall, und über sie hin im tiefen Blau revierte der Falk und stieß immer wieder seinen scharfen, klagenden Jagdruf aus.

Die Dritte Stiege (1892) — XI.

Die frischgemähten Stoppelfelder glitzerten unter der grellen Herbstsonne, die Ebereschenallee war rot von Beeren, im Schloßgarten flammten die Gladiolen, Stockrosen und Georginen.

Beate und Mareile (1903) — Sechstes Kapitel

Schon die Eisenbahnfahrt von der Stadt nach Fernow, unserem Gute, war ganz so schwermütig, wie ich es erwartet hatte. Es regnete ununterbrochen, ein feiner, schief niedergehender Regen, der den Sommer geradezu auszulöschen schien.

Schwüle Tage (1904)

Die Sonne war untergegangen, der Himmel klar, bleich und glashell. Über die gemähten Wiesen spannen die Nebel hin. In den Kornfeldern schnarrten die Wachteln. Ein großer, rötlicher Mond stieg über dem Walde auf. Das tat gut. Beruhigt und weit lag das Land in der Sommerdämmerung da, und doch schien es mir, als versteckten sich in diese Schatten und diese Stille Träume und Möglichkeiten, die das Blut heiß machten.

Schwüle Tage (1904)

Meine Fenster gingen auf den Garten hinaus und standen weit offen. Die Lilien leuchteten weiß aus der Dämmerung. Der Mond war höher gestiegen und warf durch die Zweige der Kastanienbäume gelbe Lichtflecken auf den Rasen. Unten im Parkteich quarrten die Frösche.

Schwüle Tage (1904)

Draußen sengte die Sonne auf die Blumenbeete nieder. Der Duft der Lilien, der Rosen drang heiß zu mir herein, benahm mir den Kopf wie ein sehr süßes, warmes Getränk. Dabei leuchtete alles so grell. Die Gladiolen flammten wie Feuer, die Scholtias waren unerträglich gelb. Der Kies flimmerte. Alle standen sie unbeweglich in der Glut, müßig und faul unter dem schläfrigen Summen, das durch die Luft zog.

Schwüle Tage (1904)

Am Gartenrande blieben wir stehen und sahen über die Felder hin. Rotes Gold zitterte in der Luft. Der Duft von reifem Korn, blühendem Klee wehte herüber.

Schwüle Tage (1904)

Die Nacht war sternhell. Alle Augenblicke lief eine Sternschnuppe über den Himmel und spann einen goldenen Faden hinter sich her. Fledermäuse, tintenschwarz in der Dämmerung, flatterten über unseren Köpfen.

Schwüle Tage (1904)

Wunderlich war die Glaswelt unten mit den fetten Moosen, den fleischfarbenen Stengeln, dem lautlosen Abundzu langer Beine, dünner, sich schlängelnder Leiber. Zwischen den Schachtelhalmen zogen die Karauschen hin, breite, goldene Scheiben. Wo es klar und tief war, lagen die Schleie tintenschwarz im schwarzen Wasser:

Schwüle Tage (1904)

Die Ranken des wilden Weines streuten zitternde Schatten über all die Farben, machten mit ihrem grünlichen Grau die Gesichter blasser, die Augen dunkler.

Schwüle Tage (1904)

Über der Wiese stand ein schwarzer Wolkenstreifen, in dem es sich golden vom Wetterleuchten regte. Zuweilen schüttelte ein warmer Wind die Kronen der Linden.

Schwüle Tage (1904)

Schweres, rotgoldenes Nachmittagslicht floß durch die Parkbäume.

Schwüle Tage (1904)

Der Sonnenschein dünkte mich hier nebenan wärmer und gelber als dort drinnen. Ich ging an das Fenster, beugte mich weit hinaus, atmete den heißen, süßen Duft des Gartens ein. Große Trauermäntel und Admirale flatterten über dem Resedebeet, träge, als seien ihre Flügel schwer von Farbe.

Schwüle Tage (1904)

Wacholder, Wermut, Schafgarben dufteten so warm, als säßen wir in einer Küche, in der Kräuter gekocht würden. Kleine Schmetterlinge, bronzefarben und stahlblaue Farbenfleckchen, flirrten vorüber. Leise vor sich hin singend, bummelten Hummeln durch die Luft und hingen ihre Samtleiber an die Glocken des Benediktenkrautes.

Seine Liebeserfahrung (1906)

Es taute und die Sonne schien. Die Bäume hingen ganz voll blanker Tropfen und das beständige Tropfen vom Dache und den Traufen legte um die Kirche ein helles Blitzen und Klingen.

Sonntäglich! Die Sonntagsstimmung war da, die kam immer, aus alter Gewohnheit, anfangs feierlich, später angenehm schläfrig.

Dumala (1907)

In der Nacht hatte es geschneit. Nun ließ die Sonne den Schnee von den Zweigen tropfen. Der Wald war voller Flügelrauschen und Vogelrufe. Die Meisen tollten wie kleine, graue Bälle an den Zweigen entlang. In einem verschneiten Haselnußstrauch saß eine Gesellschaft Dompfaffen wie große, rote Früchte.

Dumala (1907)

Um die Lichtung standen junge Föhren und Tannen blank wie Metall und so regungslos, daß die Tropfen, die noch hier und da an ihren Nadeln hingen, gefroren schienen. Alles war regungslos unter diesem gelben Lichte, die Halme, die Moosblüten, die kleinen blauen Falter, eine Hummel kroch in die Glocke eines Benediktenkrautes und blieb dort hängen wie verzaubert. Im Dickicht kam ein Fuchs daher, den Kopf suchend niedergebeugt, und plötzlich blieb auch er stehen ohne ein Glied zu regen und starrte vor sich hin die Lichter durchsichtig wie grünes Glas, gebannt von dem gewaltsamen Schweigen der Stunde.

Bunte Herzen (1909)

Salat und Kohl wuchsen dort recht kümmerlich, Sonnenblumen standen da mit großen schwarzen Herzen, und über alledem lag ein leichter blonder Staubschleier. Dahinter der Strand grell orange in der Abendsonne, endlich das Meer undeutlich von all dem unruhigen Glanze, der auf ihm schwamm, von den zwei regelmäßigen weißen Strichen der Brandungswellen umsäumt.

Wellen (1911) — Erstes Kapitel

Die gewaltsamen Farben am Himmel erloschen jäh. Die farblose Durchsichtigkeit der Sommerdämmerung legte sich über das Land und das Meer, jetzt lichtlos, schien plötzlich unendlich groß und fremd. Auch das Rauschen war nicht mehr so geordnet eintönig und taktmäßig; es war, als ließen sich die einzelnen Wellenstimmen unterscheiden, wie sie einander riefen und sich in das Wort fielen.

Wellen (1911) — Erstes Kapitel

Es folgten sich Tage mit unbewölktem Himmel und unerbittlichem Sonnenschein. Überall lag dieses heiße grelle Licht, es schwamm und zitterte auf dem Wasser, es sprühte auf dem Sande, erweckte Funken auf den Kieseln und auf den harten Stengeln des Strandhafers und der Seggen.

»Man kann sich vor Licht nicht mehr retten«, sagte Hans Grill. Aber auch die Abende und Nächte brachten weder Kühlung noch Dunkel. Ein leichter Westwind bewegte die Schwüle nur, ohne sie zu mildern. In einem dunstigen violetten Gewölk wetterleuchtete es jeden Abend am Horizont und dann kam der Mond fast voll und das Glitzern und Sprühen begann wieder allerorten.

Wellen (1911) — Fünftes Kapitel

Zu Zeiten jedoch entglitt ihr all das, dann versank sie gedankenlos in die Betrachtung der feinen Linien, die das Wasser auf den Sand geschrieben hatte, in den Anblick der zitronengelben, hellblauen und hellrosa Muscheln, welche wie kleine Blumen über das Ufer gestreut waren. Oder sie folgte mit den Blicken den Wellen, die eilig hintereinander herliefen, ohne daß je eine die andere erreichte. Der zu Ende gehende September hatte sommerwarme Tage gebracht, Doralice ging weit, weit hinaus dem Leuchtturme zu, sie ging, bis ihr die Füße schwer vor Müdigkeit wurden. Dort weiter fort trat der Hochwald bis dicht an den Dünenrand heran, riesige rote Föhrenstämme mit wirren dunklen Schöpfen, hier und da stand eine Birke oder eine Espe zwischen ihnen, das Laub, schon herbstlich gelb, stand da wie ein goldenes Gerät in einer großen Säulenhalle. Die Moosdecke des Bodens war bunt von Herbstschwämmen und Preiselbeeren, Sonnenschein und die Schatten der Baumzweige trieben dort ihr stummes Spiel. Das mußte gut tun, dort auszuruhen, dachte Doralice. Sie stieg hinauf und streckte sich auf einem Mooshügel aus.

Wellen (1911) — Fünftes Kapitel

Sie sah hinauf in die Wipfel der Föhren, hoch oben revierte ein Falke metallblank in all dem Blau. Neben ihr stand eine Espe und flüsterte unablässig. Wie war es hier gut, über alles Wünschen hinaus gut. Doralice fielen die Augen zu, das letzte, was sie mit halbgeschlossenen Lidern noch sah, war ein Sprung Rehe, der von der Höhe niederstieg. Vorsichtig hoben die Tiere ihre dünnen Läufe über das hohe Farnkraut. Sie gingen bis an den Rand der Düne vor, blieben dort stehen und äugten regungslos auf das Meer hinaus.

Wellen (1911) — Fünftes Kapitel

Im Scheine großer, unruhig flimmernder Sterne lag die Winternacht da, weiß und schweigend, die Luft schlug ihr feucht und kalt entgegen, Bäume ragten wie große weiße Federn gegen den Nachthimmel auf, und an ihnen vorüber konnte Fastrade in eine Ferne sehen, die von einer weißen Dämmerung verschleiert unendlich schien. Hier war Raum, hier konnte sie atmen, hier in der Kühle schlief das große, starke Leben, zu dem sie gehörte.

Abendliche Häuser (1914) — Drittes Kapitel

Ein leiser Ton erwachte, als huschten Schritte über Wolle, und ein Hase setzte über den Weg, tauchte in die weißen Schneepolster unter und wieder auf, es mußte gut tun, dachte Fastrade. Ja, sie hätte gern auch wie einer dieser Bäume regungslos in der Dämmerung gestanden, eingehüllt in all dies kühle Weiß, und teilgenommen an diesem geheimnisvollen Schweigen und Träumen. Aber wenn sie tiefer zu ihnen hinein wollte, ließen die Tannen ihre Schneelast fallen, im Wipfel einer Föhre erwachte ein Rabe und flog mit lautem Flügelschlage auf. Es kam Unordnung hinein, sie fühlte sofort, daß sie ein Eindringling sei. Sie war eine Waldschneide entlang gegangen, jetzt kam sie an einen Bestand alter Föhren, auf hohen ganz geraden Stämmen hoben die Bäume ihre beschneiten Schöpfe zu den Sternen auf. Hier konnte Fastrade ungehindert zwischen ihnen hingehen, hier war es so feierlich, so heilig, daß ein kleiner Eindringling wie sie nicht stören konnte. Sie lehnte sich an einen der kalten Stämme und schaute empor, in einem der hohen regungslosen Föhrenschöpfe schien die Mondsichel zu hängen. Wie oft hatte Fastrade sie dort hängen gesehen, wie gut kannte sie diese Bäume, in allen Jahreszeiten und Tageszeiten war sie bei ihnen gewesen, im Frühling, wenn der Wind in die alten Schöpfe fuhr, daß sie tief und metallig rauschten, als ob sie plötzlich miteinander stritten, oder an heißen Mittagsstunden, wenn es hier so stark nach den besonnten Nadeln duftete und über den Wipfeln der Falke revierte, ein bewegliches Stück Silber im grellblauen Himmel. Fastrade drückte ihre Wange gegen den Stamm, jetzt erst fühlte sie ganz deutlich, daß sie daheim war.

Abendliche Häuser (1914) — Viertes Kapitel

Es war windstill, regungslos hoben die Birken und Eichen ihre Zweige mit den geschlossenen Knospen und die Ellern ihre über und über mit Blütentrauben geschmückten Wipfel zum bleichen, glashellen Himmel empor. Unter dem Rasen flüsterten und gurgelten unsichtbare Gewässer, und die Luft war feucht und mild.

Abendliche Häuser (1914) — Zehntes Kapitel

Der Wind trieb kleine Wolken am Monde vorüber und über den Mond hin, auch dem Walde ließ der Wind keine Ruhe, er fuhr in die Bäume, bog sie hin und her, und die Krähen, die in den Wipfeln schlafen wollten, schlugen immer wieder laut mit den Flügeln. Dazu waren die Windstöße ganz voll von betäubendem Duft der jungen Birkenblätter.

Abendliche Häuser (1914) — Zwölftes Kapitel

Die Kerzen in den Kronleuchtern brannten alle, obgleich draußen der Maiabend noch hell über dem Garten war. Die Glastüren zur Veranda standen offen, und der Duft des Flieders drang herein, der wie eine Mauer aus weißem und hellblauem Gewölke den Garten einhegte.

Abendliche Häuser (1914) — Dreizehntes Kapitel

Der Abend war windstill; regungslos standen die Inseln von Schachtelhalm und Röhricht im dunklen Wasser, und die Abendsonne vergoldete ihre Spitzen; regungslos umstanden die großen Bäume den See, hie und da blühte schon eine Kastanie in ihrer weißen Feierlichkeit mitten unter den grün verschleierten Birken. Die Amseln sangen ihr Abendlied, die Fische schnalzten im Wasser, und ab und zu begann im Röhricht ein ungeduldiger Frosch zu quarren, der den Sonnenuntergang nicht abwarten mochte.

Abendliche Häuser (1914) — Fünfzehntes Kapitel

Beide schwiegen jetzt und schauten auf einen Trauermantel nieder, der vor ihnen auf dem besonnten Kies lag wie ein kleines Stück Samt. Ober Danielas Stirn hingen rote Bohnenblüten wie Blutstropfen, und all das Laub ringsum mischte viel Grün in das Schieferblaue ihrer Augen, daß sie zu schimmern begannen wie die Brust eines Pfaues.

Am Südhang (1914)

Das Land war um diese Mittagsstunde sehr still, überall der seidige Glanz der Felder, über dem fernen Walde lag blauer Duft, und zwischen den grünen Schilfinseln des Sees dort unten funkelte das Wasser hart und grell wie Metall.

Am Südhang (1914)

Vor uns steht der Wald jetzt ganz von Sonnenschein durchwoben, ein krauses, grüngoldenes Gewölbe, die Sonne sticht durch das Laub und wirft auf das Moos und die welken Blätter des Waldbodens runde, gelbe Sonnenflecken.

Schützengrabenträume (1914)

Die Nacht war hell und warm, ich erinnere mich, daß die Wiesen stark dufteten. Auf einem Stück Sumpfland standen viel rote Orchideen beisammen, über die weiße Nebelstreifen gespannt waren. Der See lag still und schwarz da, nur hie und da machte das Spiegelbild eines Sternes in die dunkle Fläche einen golde-nen Ritzer, viele Wasserrosen glühten mitten im See, eine leuch-tend weiße Insel. Am Ufer quarrten die Frösche wie toll.

Schützengrabenträume (1914)

In einer viereckigen Einsenkung des Bodens standen hier die Stachelbeerbüsche, Johannisbeerbüsche, Himbeerbüsche und einige Obstbäume, prall schien die Mittagssonne auf sie nieder, es duftete nach heißen Blättern und heißen Früchten, und von dem höher gelegenen Gemüsegarten trug ein Windhauch zuweilen die strengen Gerüche der Sellerie und Porree herüber.

Fürstinnen (1916)

Alte Tannen standen hier mit majestätisch niedergebogenen Zweigen und grauen Moosbärten, weiter fort kam dichtes Unterholz, mächtige Wurzeln schlängelten sich über den Boden, der mit grünem und rotem Moose bedeckt war. Die Sonne sprühte auf den Tannennadeln, und die Luft war schwer von warmem Harzgeruch.

Fürstinnen (1916)

Um sie her und über ihnen hingen die Zweige voll glasheller, roter Trauben, heiß von der Mittagsonne, und die Büsche waren voll eines leisen Surrens und Klingens, als brodelten und kochten hier in der Hitze all die reifen Früchte. Dazu glitzerte die Luft von unzähligen blanken Flügeln und blitzenden Leibern.

Fürstinnen (1916)

Die unbewegte Luft war drückend heiß, harter Glanz zitterte auf dem Wasser und in den Schachtelhalmen, es war sehr still ringsum, nur zuweilen schnatterte eine Stockente im Schilfe, oder ein Bläßhuhn stieß einen freudlosen Schrei aus.

Fürstinnen (1916)

Lautlos schwirrten kleine blaue und goldbraune Schmetterlinge über sie hin, leise vor sich hin scheltend kamen Hummeln zu den Löwenzahnblüten, hoch oben aber über den hellblauen Himmel flogen Schwalben pfeilschnell dahin und stießen schrille, kleine Jauchzer aus, die Marie unendlich sorglos schienen.

Fürstinnen (1916)

Die Brücke führte über eine sumpfige Schlucht zu dem Marktflecken Drixen. Im Sommer standen hier grellgrüne Tümpel beieinander, Kiebitze liefen zwischen ihnen auf und ab, einzelne Kühe weideten hier, die Füße tief im Sumpfboden eingesunken. Jetzt waren die Tümpel schwarz, und dunkle Wasserlachen breiteten sich zwischen ihnen aus.

Feiertagskinder (1918)

Es war erfrischend, durch den niederfallenden Schnee zu gehen, an den verschneiten Häuschen vorüber; ein blasses Abendrot hing am Himmel, und Krähen flogen schwarz und eilig durch das lautlose, weiße Niederrinnen.

Feiertagskinder (1918)

Sie hatten den Flecken hinter sich gelassen und waren zum kleinen See hinaufgegangen, der blau und voll goldenen Nachmittagslichtes vor ihnen lag. Überall Lichtflecken, die sich bewegten und doch nicht von der Stelle kamen; Schachtelhalme steckten ihre grünen Spitzen aus dem Wasser, und wohlig schwammen Bläshühner wie kleine schwarze Kähne durch all das Blau und Gold.

Feiertagskinder (1918)

Er legte sich auf den Rasen zurück; die Schafgarben sandten ihren strengen Geruch zu ihm herüber, aus den weißen Dolden des Kälberkopfs und der Kümmelstauden kam ein süßer Honiggeruch. Eine Hummel läutete schläfrig vorüber und verkroch sich endlich mit einem ärgerlichen Surren in die Glocke eines Benediktenkrautes. Schaute Ulrich aber empor, so hing der blaßblaue Himmel voll singender Lerchen. Eine süße Trägheit kam über ihn; dieses stille Leben um ihn her schläferte ihn ein, es vergingen ihm die Gedanken, und eine Weile lag er regungslos da. Das Wetzen her Feldgrillen klang in seinen Schlaf hinein; Libellen und Kohlweißlinge setzten sich zutraulich auf seine Hände.

Feiertagskinder (1918)

Die Dämmerung sank herab, breitete über das Land graue Schatten, hüllte die Gegenstände in eine unsichere Finsternis, nur das Weiß der blühenden Holundersträuche und der Schlehdornhecken legte eine gespenstische Helligkeit in dieses Dunkel. Achaz stand auf der Brücke, die über den Sumpf führte, und wunderte sich über das tolle Duften, das in dieser Finsternis begann; die großen Fliederbüsche, der Holunder, die Gärten die Wiesen, selbst der Sumpf mit seinen Orchideen und Wasseriris, alles strömte seine süßen und bitteren Düfte in die laue Abendluft hinaus.

Feiertagskinder (1918)

Der Sommer verging; im Lalaikenschen Garten blühten auf den Beeten, die die Wege einfaßten, die Dahlien in langen Reihen; weinrote, weiße und gelbe Sammetbälle; große Herbstfalter, Admiräle und Trauermäntel flogen langsam über die welkenden Levkoien hin, als machten die Farben ihnen die Flügel schwer.

Im Garten roch es nach Äpfeln und Pflaumen und welkenden Blättern; zuweilen ließ sich der dumpfe Ton eines auf den Kiesweg fallenden Apfels hören, und ganz hoch im blaßblauen Himmel zogen eifrig plaudernd die Wildgänse dahin.

Feiertagskinder (1918)

Das kleine Bergtal füllte sich mit durchsichtiger Dämmerung. Die fetten Wiesen lagen farblos da, und der Bergbach, weiß in den sinkenden Schatten, begann lauter zur rauschen.

Nachbarn (1921)