Paul Rée: Zitate
Gelehrte glänzen, wie der Mond, mit erborgtem Licht.
Wer die Meisterwerke der Poesie verstanden hat, wird selten Lust verspüren, sich weitläufig über dieselben auszulassen, in dem Gefühl, dass die Schönheiten solcher Werke sich dem nicht durch Worte mitteilen lassen, der sie nicht bei der Lektüre selbst unmittelbar empfindet.
Der Umstand, dass auch jeder andere Mensch seine Meinung für richtig hält, sollte uns misstrauisch machen gegen die Richtigkeit unserer Meinung.
Jeder Handlung liegt ein Mosaik von Motiven zu Grunde, ohne dass wir zu erkennen vermöchten, aus wie viel Egoismus, Eitelkeit, Stolz, Furcht, Nächstenliebe etc. es zusammengesetzt ist. Der Philosoph kann nicht, wie der Chemiker, eine qualitative und quantitative Analyse zur Anwendung bringen.
Außerdem decken sich die Ausdrücke Egoismus, Eitelkeit etc. keineswegs mit den Empfindungen, welche sie bezeichnen: sie sind eigentlich nur Fingerzeige.
Es existieren nicht zwei Personen, deren Intimität durch eine rückhaltlose Offenheit nicht leiden würde.
Durch Vertraulichkeit bezweckt man weder die Einholung von Ratschlägen, noch die Erleichterung von Sorgen: Man will von einander entzückt sein.
Viele sind eitel auf ihren Mangel an Eitelkeit.
Man schließt von sich auf Andere, aber selten von Anderen auf sich.
Es ist reizvoll ein Mädchen nicht zu verführen, welches auf dem Punkte steht, sich uns zu ergeben: Denn unserer Eitelkeit genügt ihr Wollen, und für den flüchtigen Liebesgenuss erlangen wir das angenehme Gefühl unseres hohen Edelmutes.
Die sogenannten guten Gesellschafter pflegen sich selbst schlechte Gesellschafter zu sein, und umgekehrt.
Jeder Mensch ist in den Kreis seiner Neigungen und Geschmacksrichtungen gebannt: Sie scheinen ihm vernünftig und gut, weil er sie hat, und die Neigungen Anderer findet er unbegreiflich, verrückt, weil er sie nicht hat.
Behaglich mit einander sprechen zu können ist ein geringeres Zeichen von Sympathie, als behaglich mit einander schweigen zu können.
Der Charakter der Geistlichen erscheint schwärzer, als der Charakter anderer Menschen, weil er sich von einem helleren Hintergrunde abhebt.
Unsere Hoffnungen beglücken, solange sie nicht in Erfüllung gegangen sind.
Niemand gesteht seine Eitelkeit (obgleich Jeder sehr eitel ist), teils weil sie aus den angegebenen Gründen der Immoralität, Unvernünftigkeit und Unsachlichkeit verpönt ist, teils weil wir nicht von der Meinung Anderer abhängig erscheinen wollen, sondern uns lieber stellen, als wäre sie uns gleichgültig, ja als verachteten wir sie.