Angelus Silesius (Johannes Scheffler): Zitate
Rein wie das feinste Gold, steif wie ein Felsenstein,
Ganz lauter wie Kristall soll dein Gemüte sein.
Wo Gott ein Feuer ist, so ist mein Herz der Herd,
Auf welchem er das Holz der Eitelkeit verzehrt.
Daß dir im Sonnesehn vergehet das Gesicht,
Sind deine Augen schuld und nicht das große Licht.
Ihr Menschen lernet doch von Wiesenblümelein,
Wie ihr könnt Gott gefalln und gleichwohl schöne sein.
Die Ros ist ohn warum; sie blühet, weil sie blühet,
Sie acht nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet.
Mensch, so du willst das Sein der Ewigkeit aussprechen,
So mußt du dich zuvor des Redens ganz entbrechen.
Schau, diese Welt vergeht. Was? sie vergeht auch nicht,
Es ist nur Finsternis, was Gott an ihr zerbricht.
Die Schönheit lieb ich sehr; doch nenn ich sie kaum schön,
Im Fall ich sie nicht stets seh untern Dornen stehn.
Du suchst mit solchem Fleiß das ewige Bewegen
Und ich die ewge Ruh. Woran ist mehr gelegen?
Der Name Jesus ist ein ausgegossnes Öle,
Er speiset und erleucht und stillt das Weh der Seele.
Wie schöne glänzt der Schnee, wenn ihn der Sonnen Strahlen
Mit himmelischem Licht bestreichen und bemalen.
So glänzt auch deine Seel, so sie ist weiß wie Schnee,
Wenn sie beschienen wird vom Anfang aus der Höh.
Die ewge Lustbarkeit sehnt sich in mir zu sein.
Warum? ich bin (o hört!) ihr Blum- und Würzgärtlein.
Das Licht der Herrlichkeit laß ich die Sonne sein,
Die Gnade gleicht den Strahln, Natur dem Widerschein.
Die Sinnen sind im Geist all ein Sinn und Gebrauch;
Wer Gott beschaut, der schmeckt, fühlt, riecht und hört ihn auch.
Gott ist ein starker Strom, der hinnimmt Geist und Sinn;
Ach, daß ich noch nicht gar von ihm verschwemmet bin.